In Japan sind Taifune ein jährlich wiederkehrendes Naturphänomen, das viel Wind und Regen mit sich bringt. Die Japaner haben dafür sogar ein eigenes Wort: „Taifu“. Jedes Jahr zwischen Mai und Oktober bereiten sie sich auf die ungezähmte Kraft von Mutter Natur vor. Aber wie schlimm sind Taifune in Japan eigentlich wirklich? Muss man seine Reisepläne darauf anpassen? Oder ist es halb so wild?
Was ist ein Taifun eigentlich?

Ein Taifun, auf Japanisch „taifu“ genannt, ist ein stark entwickeltes Tiefdruckgebiet mit extrem viel Wind und Regen. Über den warmen Gewässern des Pazifiks wachsen Wetterstörungen zu Stürmen heran, die vergleichbar mit Hurrikanen in der Karibik sind.
In höheren Luftschichten formen sich riesige Regen- und Gewitterwolken, die bis zu 16 Kilometer in den Himmel reichen. Dort oben herrschen Temperaturen von bis zu minus 80 Grad Celsius. Diese Wolken enthalten durch die warme Meeresoberfläche (27 Grad Celsius und mehr) besonders viel Wasserdampf.
Durch eine effiziente Luftabfuhr in großen Höhen sinkt der Druck im Zentrum des Sturms, die Barometerwerte fallen. Dadurch wird noch mehr Luft angesaugt, durch die Gewitterwolken aufgetrieben und oben wieder abgeführt. Dieser Prozess verstärkt sich selbst, was den Druck weiter sinken lässt und die Winde dramatisch zunehmen lässt. In einem Taifun erreicht der Luftdruck oft nur noch 930 bis 890 Millibar.
Die schweren Regen- und Gewitterwolken rotieren immer stärker um das Zentrum, bis sich schließlich das typische Auge bildet. Im Auge selbst ist es überraschend ruhig, sonnig und angenehm warm bei 25 bis 28 Grad. Direkt rund um das Auge jedoch treten die höchsten Windgeschwindigkeiten und die schwersten Niederschläge auf, ebenfalls bei warmen Temperaturen um 20-25 Grad.
Das Auge entsteht durch absinkende Luft, die eine Gegenbewegung zu den aufsteigenden Gewitterwolken darstellt, die Luft erwärmt und die Wolken auflöst.
Ein Sturm wird ab einer durchschnittlichen Windgeschwindigkeit von 119 km/h rund um das Zentrum als Taifun bezeichnet. Davor handelt es sich um eine tropische Depression oder einen tropischen Sturm, mit mindestens Windstärke 8. Taifune werden in fünf Kategorien eingeteilt, von 1 bis 5: Eins ist ein schwacher Taifun, fünf ein Supertaifun mit durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten von über 180 km/h. Im September 2022 traf der Supertaifun Nanmadol auf Japan, richtete schwere Schäden an und forderte mehrere Todesopfer.
Wusstest du, dass ein Taifun im Grunde dasselbe ist wie ein Zyklon oder Hurrikan? Es handelt sich lediglich um den asiatischen Begriff für dieses Naturphänomen.
Wann erreichen Taifune Japan?

Die Taifunsaison in Japan dauert von Mai bis Oktober, mit einer Hochphase im August und September. Wie Supertaifun Hagibis im Oktober 2019 zeigte, können auch im Herbst noch sehr starke Stürme auftreten. Dennoch ist das kein Grund, sich die Reisepläne vermiesen zu lassen. Jedes Jahr ziehen etwa 10-15 dieser Stürme über Japan hinweg, von denen durchschnittlich zwei bis drei die Hauptinseln (Honshu, Hokkaido, Kyushu und Shikoku) treffen. Die tropischeren Okinawa-Inseln erleben häufiger Taifune, wobei diese dort meist etwas schwächer ausfallen.
Hier kannst du dir die beste Reisezeit für Japan je Monat anschauen, wenn du dir wegen Taifunen Sorgen machst. Die Japanische Natur zeigt sich in ihrer vollen Pracht und lädt dazu ein, die vielfältigen Landschaften und Jahreszeiten zu entdecken.
Ist das Reisen in Japan während der Taifunsaison sicher?

Wie bereits erwähnt, bringen Taifune immer ein gewisses Risiko mit sich – meist bleibt dieses jedoch begrenzt. Das liegt an der exzellenten Vorbereitung der Bevölkerung, einer sehr guten Informationspolitik und einer Infrastruktur, die für große Regenmengen und starke Winde bestens gerüstet ist.
Die größte Gefahr durch Taifune geht von den enormen Regenmengen und den starken Winden aus. Besonders in bergigen Regionen kann es schnell zu Erdrutschen kommen, wenn binnen 1-2 Tagen 200-700 mm Regen fallen. (Zum Vergleich: In Deutschland fallen durchschnittlich etwa 850 mm pro Jahr.) Starke Windböen können zudem Schäden an Gebäuden, Straßen und der Natur verursachen.
Ein kleiner Taifun kann durchaus schon Böen von über 150 km/h und heftige Niederschläge bringen. Zum Glück sind Taifune meist schnell wieder vorbei, nach etwa zwei Tagen ist der Spuk in der Regel vorbei.
Kaum ein Volk ist so gut auf Naturkatastrophen vorbereitet wie die Japaner. Seit Jahrhunderten leben sie mit Erdbeben, Tsunamis, Vulkanausbrüchen und eben auch Taifunen. Die Bauvorschriften in Japan sind daher extrem streng: Seit 1981 müssen alle Neubauten erdbeben-, taifun- und schneesturmresistent sein. Auch Straßen werden so gebaut, dass große Wassermengen schnell abfließen können.
Zusätzlich hat die Regierung den 1. September zum „National Disaster Prevention Day“ erklärt, in Erinnerung an das verheerende Kanto-Erdbeben von 1923, das Tokio schwer zerstörte. An diesem Tag werden landesweit Katastrophenschutzübungen durchgeführt, und alle Schulkinder lernen, wie man sich bei einem Taifun oder Erdbeben richtig verhält. Hier kannst du eine der offiziellen Informationsbroschüren der Regierung anschauen.
Was tun, wenn während deines Urlaubs ein Taifun aufzieht?

Kommt während deines Japanurlaubs ein Taifun an Land? Keine Panik, alles wird gut! Achte gut auf den Wetterbericht (im Zweifel einfach im Hostel oder Hotel nachfragen) und behalte Flüge und Bahnverbindungen im Blick. Der Shinkansen kann wegen starker Winde und Erdrutschen vorübergehend eingestellt werden, ebenso Flüge.
Bist du eher im Landesinneren unterwegs, z. B. rund um Matsumoto, Sapporo, Kyoto oder Fukuoka, hast du dank der umliegenden Berge meist weniger Probleme mit Wind und Regen. Tokio hingegen ist ein Hotspot für anlandende Taifune.
Aktuelle Informationen zu Taifunen findest du auf der offiziellen Website der japanischen Regierung oder in den Wetterdiensten.
Top 5 der stärksten Taifune in Japan
Hier findest du eine Übersicht der heftigsten Taifune, die Japan jemals getroffen haben:
- Taifun Vera (1959): Fast 4.000 Todesopfer, Kategorie-5-Supertaifun mit Böen bis 305 km/h. Schäden: etwa 261 Millionen Dollar.
- Taifun Mireille (1991): Landfall bei Nagasaki als Kategorie-4-Taifun, Böen bis 218 km/h auf Honshu. Schäden: etwa 10 Milliarden Dollar.
- Taifun Jebi (2018): Kategorie-5-Supertaifun mit Spitzenböen bis 285 km/h. Schäden: rund 12,6 Milliarden Dollar.
- Taifun Songda (2004): Kategorie-4-Taifun mit Windgeschwindigkeiten über 175 km/h und Böen bis 230 km/h. Schäden: rund 9,3 Milliarden Dollar.
- Taifun Hagibis (2019): Kategorie-5-Supertaifun mit Durchschnittswind von 195 km/h und Böen bis 260 km/h. Schäden: rund 17 Milliarden Dollar, vergleichbar mit der zerstörerischen Ida von 1958.
Dieser Artikel wurde geschrieben von: Raoul de Boer & David Henneveld (Meteorologe beim japanischen Wetterdienst Weathernews)